Autor Frank Müller © fmi Frank Müller Immobilien

Wissenswertes zur Grundsteuerreform in NRW

Stand 18.02.2022

Allgemeiner Teil

1. Steuerklärung – Feststellungserklärung:

Alle Grundstückseigentümer müssen zwischen dem 01.07.2022 und dem 31.10.2022 die Datengrundlagen für die Erhebung zu Ihrem Grundbesitz der Finanzverwaltung mitteilen (Feststellungerklärung). Die Finanzverwaltung erwartet die Erklärung in elektronischer Form, zum Beispiel über Elster. Mit den Daten ermittelt die FV die Grundsteuerwerte (zuvor Einheitswerte). In begründeten Einzelfällen kann auch die Einreichung in Formularform möglich sein. Die Formulare sind erst ab dem 01.07.2022 verfügbar.

2. Wer ist befugt Hilfe in dieser Steuersachen zu leisten?

Grundsätzlich nur Steuerberater, hier jedoch ist den Grundstücks- und Hausverwaltern erlaubt mitzuwirken – § 4 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz. Nicht befugt sind hingegen Lohnsteuerhilfevereine.

 3. Was umfasst die Legitimation durch die Verwalter?

                 –              Abgabe der Erklärung

                –              Entgegennahme der Feststellungsbescheide

                –              Das Einlegen von Rechtsmitteln

4.  Was kann vorbereitend vor dem 01.07.2022 getan werden?

Benötigt wird zur Abgabe der Erklärung die Einheitswertnummer, die Steuer-Identifikationsnummer und – wenn vorhanden – die Einkommensteuernummer.  Die Einheitswertnummer ist in aller Regel auch auf dem letzten Grundabgabenbescheid ersichtlich, der wahrscheinlich im Januar 2022 erteilt wurde. Wer (noch) keinen Zugang zum Portal „MeinElster“ bei der Finanzverwaltung hat, kann die Zeit nutzen diesen anzulegen.

5. Werde ich von meiner Finanzverwaltung über die Notwendigkeit der Abgabe einer Erklärung informiert?

Die Finanzverwaltung kann durch öffentliche Bekanntmachung zur Abgabe der Erklärung auffordern und muss dann die Grundstückseigentümer nicht gesondert informieren. Insoweit empfiehlt es sich den Abgabezeitraum im Blick zu halten. Geplant ist seitens der Finanzverwaltung NRW im Mai 2022 Informationsschreiben an Eigentümer von Wohngrundstücken (Ein- und Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäusern) sowie Land- und Forstwirtschaftlichen Grundstücken zu übersenden. Nicht gesondert informiert werden voraussichtlich Eigentümer von Gewerbegrundstücken, Industriegrundstücken, gemischt genutzten Grundstücken (z. B. Wohn- und Geschäftshäuser), Büroobjekten etc.    

6. Welche Angaben zum Grundbesitz werden benötigt?

Auch hier besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine umfassende Klarheit. Folgende Angaben werden voraussichtlich herangezogen:

  1. Gemarkung, Flur- und Flurstück
  2. Lage des Grundstücks (Anschrift)
  3. Grundstücksgröße (außer bei Wohnungs- und Teileigentum)
  4. Bei Wohnungs- und Teileigentum Miteigentumsanteil
  5. Flächenangabe zur Wohn-, Gewerbe, – Bürofläche… bzw. Grundfläche
  6. Angaben zum Bodenrichtwert
  7. Nutzungsart des Grundstücks (Gewerbegrundstück, Wohnbaugrundstück, Landwirtschaftsfläche…)
  8. Grundstückszustand – bebaut, unbebaut
  9. Angabe zum etwa vorhandenen Denkmalschutz
  10. Angabe zu den Eigentumsverhältnissen
  11. Angaben zu etwa vorhandenen Abbruchverfügungen

Es ist geplant, dass die Eigentümer (von Wohngrundstücken) im Anschreiben über die Höhe des für den Grundbesitz geltenden Bodenrichtwert informiert werden (s. hierzu auch Nr. 5).

 7. Welche Steuerdaten werden zur Erklärung benötigt?

Es wird die vorhandene Einheitswertnummer benötigt. Diese ist auf dem aktuellen Grundabgabenbescheid und auf dem (möglicherweise schon vor längerer Zeit erteilten) Einheitswertbescheid zu finden. Aus der Einheitswertnummer wird dann das „Aktenzeichen“ des neuen Vorgangs. Zudem wird die Steuer-Identifikationsnummer und von Einkommensteuerpflichtigen die Einkommensteuernummer benötigt.

8. Zu erwartende Problemstellungen:

Die Bereitstellung der verlangten Daten wird Steuerpflichtige, Steuerberater und Immobilienverwalter vor Schwierigkeiten stellen. Hierzu einige Beispiele:

Angaben zu Flächen (Wohnflächen, Gewerbeflächen, Grundflächen…) sind nur schwer zutreffend anzugeben. Dies liegt unter anderem daran, dass sich die Grundlagen zu Flächenberechnungen schon mehrfach geändert haben. Bei Wohnflächen zum Beispiel ist heute die Wohnflächenverordnung die gängige Grundlage zur Flächenermittlung. Diese existiert erst seit dem Jahre 2004. Zuvor wurden Flächenermittlungen zum Beispiel auf Basis der DIN 277, der 2. Berechnungsverordnung etc. vorgenommen. Die Ermittlungsgrundlagen (was ist Wohnraum und was nicht) sind sehr unterschiedlich. Insoweit dürfte es nicht ohne weiteres möglich sein, zutreffende Flächenangaben festzustellen bzw. werden vereinzelt Flächenaufmaße erforderlich werden.   

Bodenrichtwerte sind zonal gebildet und lassen sich in NRW zentral über www.boris.nrw.de abrufen. Vereinzelt gibt es Richtwertzonen mit mehreren unterschiedlichen Richtwerten. In diesen Einzelfällen ist der für die Nutzungsart zutreffende Richtwert in der „örtlichen Fachinformation“ hinterlegt und entsprechend zu verwenden. Bodenrichtwerte können innerhalb einer Zone um bis zu 30 % Wertabweichungen aufweisen. Einzelfallprüfungen sind nicht vorgesehen. Der für die betreffende Zone festgesetzte Bodenrichtwert ist ein „gesetzter Wert“, der verwendet werden muss. Eine Einzelfallprüfung erfolgt nicht. Etwa vorhandene Wertabweichungen zwischen dem konkreten Bewertungsgegenstand und dem Bodenrichtwert müssen in dem „Massenbewertungsverfahren“ unberücksichtigt bleiben. Diesbezügliche Einspruchsverfahren – auch durch Gutachtenbeleg – scheinen nicht möglich zu sein.

Weitere Angaben, wie zum Beispiel die Grundstücksgröße, lassen sich verlässlich dem Grundbuch entnehmen; der Miteigentumsanteil ebenfalls dem Grundbuch und der Teilungserklärung der Gemeinschaft. Ein praktisches Problem wird sein, dass vielen Grundstückseigentümern die erforderlichen Angaben nicht zur Hand sind und ggfls. zuvor angefordert werden müssen (Grundbuchamt, Hausverwaltung, Bauamt…). Neben dem erheblichen Arbeitsaufwand (bzw. möglichen Kostenaufwand) bedeutet dies auch einen zeitlichen Aufwand, der einen Bearbeitungszeitraum über den Fristablauf hinaus erwarten lässt, wenn der Bearbeitungsbeginn nicht sehr früh erfolgt.                   

9. Komplexe Strukturen bei besonderen Grundstücks- und Gebäudebeständen

Der zeitliche und organisatorische Aufwand wird sich in bestimmten Strukturen noch erheblich größer darstellen. Zum Beispiel bei großflächigen Gewerbebetrieben mit einer Vielzahl an Flurstücken und Gebäuden (und somit möglicherweise unterschiedlichen Nutzungsarten und Bodenrichtwerten) ist mit einem mehrtägigen Erfassungsaufwand zu rechnen. Besonders anspruchsvoll dürfte es werden, wenn die Flurstücke gemeindeübergreifend zusammenhängen.

10. Fehlerhafte Einheitswertbescheide in der Vergangenheit

In unserer Berufspraxis begegnen wir häufig fehlerhaften Einheitswertbescheiden, die sich teilweise darin begründen, dass Steuerpflichtige eine fehlerhafte Datenbasis an die Finanzverwaltung mitgeteilt haben. In Einzelfällen sind auch die Berechnungen fehlerhaft. Es scheint nicht hilfreich sich auf die Datenbasis (die im ungünstigsten Falle in NRW aus dem Jahre 1964 datiert) zu verlassen und diese ungeprüft weiter zu verwenden – insbesondere bei Flächenangaben.

11. Wer kann was leisten?

Gespräche mit Steuerberatern haben gezeigt, dass diese – nicht zuletzt durch die Coronakrise – schon jetzt an ihrer Kapazitätsgrenze arbeiten. Im Kontext einer stets hinsichtlich der Ansprüche wachsenden Komplexität von Steuervorschriften sind diese kaum in der Lage die etwa 400 Feststellungserklärungen je Kanzlei für die Mandantschaft (Quelle: Westdeutsche Zeitung vom 14.02.2022) in einem Zeitraum von nur vier Monaten beratend zu begleiten. Den Immobilienverwaltern liegen eine Vielzahl Daten vor und können diese unterstützen. Zudem verfügen die Verwalter über die erforderlichen Sachkenntnisse und die Zugänge zur Informationsbeschaffung, um die fehlenden Daten zu komplettieren.

12. Allgemeine Erläuterung zur Grundsteuer

Die Berechnung der Grundsteuer erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren. Zunächst erfolgt die Berechnung des „Grundsteuerwertes“ – der bis zum 31.12.2024 noch als „Einheitswert“ geführt wird. Die Ausführungen bis hierhin betreffen nur die Berechnung dieses Grundsteuerwertes. Ist der Grundsteuerwert festgestellt, wird dieser mit der Steuermesszahl (einem Multiplikator) multipliziert, aus dem dann der Grundsteuermessbetrag ermittelt wird. Dieser Multiplikator in NRW beträgt 0,31 für Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser. Für alle anderen Nutzungsarten 0,34 ‰ (Ausnahme Land- und Forstwirtschaftsflächen). Der so ermittelte Grundsteuermessbetrag wird mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert:

 Beispiel: Grundsteuerwert € 50.000,- * 0,31 ‰ (Steuermesszahl) = € 15,50 (Steuermessbetrag). Dieser wird jetzt mit dem Grundsteuerhebesatz der Gemeinde multipliziert; z. B. 620 % in Wuppertal:

 € 15,50,- * 620 % = € 96,10 (Grundsteuer pro Jahr). Den Hebesatz legt jede Gemeinde individuell fest.

Nach § 2 Nr. 1 der Betriebskostenverordnung sind die Grundsteuern „umlagefähige Betriebskosten“ (wenn dies Mietvertraglich vereinbart ist.). Insoweit sind Mieter und Eigentümer hinsichtlich der späteren Festsetzungen gleichermaßen betroffen. An der Feststellungserklärung müssen Mieter nicht mitwirken.